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Hexerei im 21. Jahrhundert

Hexerei im 21. Jahrhundert

Wertungen der großen Kirchen

 

In der spätantiken und frühmittelalterlichen Kirche gab es zwei konkurrierende Ansichten zur Hexerei. Augustinus von Hippo schloss von der physikalischen Unmöglichkeit des Zauberns auf eine implizite Einladung des Teufels zur Bewerkstelligung der sonst unmöglichen Aufgabe.

 

Diese semiotische Auffassung der Hexerei trat aber zunächst in den Hintergrund zugunsten einer Auffassung, die sich aus den Regelungen der Kirchenväter zum Umgang mit Frauen ableitete, die glaubten, mit Diana des Nachts auszufahren: Diese Frauen, so heißt es dort, seien mit Nachsicht zu behandeln, denn da das, was sie zu tun glaubten, physikalisch unmöglich sei, basiere es auf Einbildung. Ebenso sind die Regelungen Karls des Großen gegenüber den Sachsen zu verstehen.

 

Später wurde die Lehre vom Teufelspakt entwickelt. Obwohl noch fast 1000 Jahre bis zur organisierten Verfolgung vergingen, ist dies eine der Grundlagen, die zur Hexenverfolgung führten. Im weiteren Verlauf des 15. Jahrhunderts festigte sich das Bild der Hexen als Hexensekte oder -kult mit Zusammenkünften und Riten, die auf die Übernahme der Weltherrschaft führen sollte (J. Baptier u. a.). Dies führte später zusammen mit der Folter als Verhörmethode zu der explosionsartigen Ausbreitung der Beschuldigungen. Das Zeitalter der legalen Hexenverfolgungen hatte begonnen.

 

Die Römisch-katholische Kirche steht Hexerei wie auch anderen Formen der Magie und Zauberei ablehnend gegenüber. Dem Katechismus der Katholischen Kirche zufolge verstoßen derartige Praktiken „schwer gegen die Tugend der Gottesverehrung“, auch wenn sie dazu dienen sollten, „Gesundheit zu verschaffen“ (KKK 2117). Die Evangelische Kirche bewertet Magie als Versuch, „sich […] Göttliches technisch verfügbar [zu] machen“, und als Verstoß gegen das erste Gebot. „Magie wird dann zu einem illegitimen Eingriff in die absolute Freiheit Gottes.“

 

Juristische Wertungen

 

Europa

Mit der europäischen Aufklärung wurden Straftatbestände, welche Zauberei, Magie und Ähnliches pönalisieren, abgeschafft. Ganz herrschend wird deshalb angenommen, dass der abergläubische oder irreale Versuch nicht strafbar sei. Dieses Ergebnis wird jedoch strafrechtsdogmatisch unterschiedlich begründet. Als „abergläubisch“ gilt de Iure jedes Verhalten, bei dem der Täter „auf die Wirksamkeit nicht existierender oder nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis jedenfalls nicht nachweisbarer magischer Kräfte vertraut“.

 

Nach anderer Ansicht ist der irreale Versuch mit dem grob unverständigen Versuch auf eine Stufe zu stellen. Danach kann das Gericht gem. § 23 Abs. 3 StGB von Strafe absehen oder die Strafe mildern. Harro Otto will in verfassungskonformer Auslegung des § 23 Abs. 3 StGB stets von Strafe absehen. Rechtspolitisch wird gefordert, den grob unverständigen Versuch – wie auch den irrealen Versuch – gänzlich straflos zu stellen, da beide weder strafwürdig noch strafbedürftig seien.

 

Das österreichische Strafgesetzbuch bestimmt in § 15 Abs. 3: „Der Versuch und die Beteiligung daran sind nicht strafbar, wenn die Vollendung der Tat mangels persönlicher Eigenschaften oder Verhältnisse, die das Gesetz beim Handelnden voraussetzt, oder nach der Art der Handlung oder des Gegenstands, an dem die Tat begangen wurde, unter keinen Umständen möglich war.“ Die entsprechende Bestimmung des Schweizer Strafgesetzbuchs lautet: „Verkennt der Täter aus grobem Unverstand, dass die Tat nach der Art des Gegenstandes oder des Mittels, an oder mit dem er sie ausführen will, überhaupt nicht zur Vollendung gelangen kann, so bleibt er straflos.“

 

Wer in einem Rechtsstaat jemanden wegen der „Beschwörung eines Todesengels“ verurteilen wollte, müsste beweisen, dass

+die Beschwörung eines Todesengels ein Straftatbestand ist

+es Engel (hier: Todesengel) gibt,

+diese grundsätzlich durch Menschen steuerbar sind und

+der Tatverdächtige zu dem privilegierten Personenkreis gehört, dem dies möglich ist.

 

Die These, dass der Aufklärung verpflichtete Juristen auf den Versuch, Menschen durch Zauberei Schaden zuzufügen, nicht mit der Verhängung einer Strafe reagieren könnten, veranschaulicht Maximilian Becker mit den Worten: „Wenn der A an einer heiligen Stätte um Mitternacht bei Vollmond den zu Hause im Bett liegenden B mit einem Todesfluch überzieht und B wenige Minuten später an einem Herzschlag stirbt, so käme niemand auf die Idee, den A wegen eines vollendeten Tötungsdelikts zu bestrafen.“ Auch versuche derjenige, der etwa für den Tod seines Nachbarn bete, nicht, diesen zu töten, sondern glaube nur, dass er das versuche.

 

Afrika und Asien

In Saudi-Arabien wurde noch im Jahr 2011 eine Frau als „Hexe“ enthauptet, die von sich behauptet hatte, sie könne auf übernatürliche Weise Krankheiten heilen, und sich für ihre angeblichen Fähigkeiten hatte bezahlen lassen.

 

Bis 2013 konnte „Hexerei“ in Papua-Neuguinea von Rechts wegen bestraft werden. Täter, die Übergriffe auf Frauen damit rechtfertigten, sie seien von diesen „verhext“ worden, konnten damit rechnen, von der Justiz des Landes mildernde Umstände zuerkannt zu bekommen.

 

Auf eine Große Anfrage von Abgeordneten der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Thema „Hexerei und Zauberei in Afrika“ antwortete die Bundesregierung am 16. Juli 2008:

 

In den afrikanischen Ländern, die „Hexerei“ und „Zauberei“ unter Strafe stellen, ist hinsichtlich der Anwendung der entsprechenden Strafrechtsparagrafen keine einheitliche Praxis festzustellen. In einigen Ländern kommt es aufgrund der entsprechenden Gesetzesvorschriften grundsätzlich zur Strafverfolgung (Gabun, Malawi, Namibia, Sambia, Tansania, Demokratische Republik Kongo und Republik Kongo), in anderen Ländern bleibt eine Strafverfolgung trotz der bestehenden gesetzlichen Grundlage in den meisten Fällen aus. In einer Reihe von Ländern werden die mit „Hexerei“ und „Zauberei“ verbundenen Handlungen nur dann bestraft, wenn diese auch strafrechtlich relevant sind, wie etwa Mord, Körperverletzung, Störung der öffentlichen Ordnung (Benin, Côte d’Ivoire, Gambia, Guinea-Bissau, Kamerun, Kap Verde, Kenia, Nigeria, Senegal, Tschad und Uganda). Sonderfälle stellen Ghana und Sudan dar. In Ghana kommt es trotz fehlender Strafvorschriften zur Verfolgung von Frauen aufgrund willkürlicher Anschuldigungen. Nichtregierungsorganisationen schätzen die Zahl der in sogenannte „Hexenlager“ (witch camps) deportierten Frauen auf ca. 3000. Auch in Sudan kommt es gelegentlich zu Ausschreitungen gegen Frauen, die der „Hexerei“ bezichtigt werden, ohne dass der Staat seiner Schutzfunktion ausreichend nachkommen würde.

 

 

Die Bundesregierung vertritt die Auffassung, dass die im Zusammenhang mit „Hexerei“ und „Zauberei“ stehenden Handlungen, die einen Angriff auf die körperliche Unversehrtheit von Menschen darstellen, strafrechtlich verfolgt werden müssen.

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